Im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel gibt es eine Lutterothstraße. Der dortige U-Bahnhof trägt denselben Namen. Als Kind freute ich mich immer, wenn der Zug dort einfuhr, denn dann war das eigentliche Ziel, Hagenbecks Tierpark, nicht mehr weit. Wer aber waren die Lutteroths? Nun, im Zweifelsfall liegt man fast immer richtig, wenn man annimmt, dass einer aus dieser Familie das Amt des Bürgermeisters innehatte. Stimmt auch hier. Der Bürgermeister war Ascan Wilhelm Lutteroth. Geboren 1783 in Mühlhausen, kam er später nach Hamburg und fand dort sein Glück in Liebe und Arbeit. Er war Bankier und schließlich Bürgermeister zu Hamburg. Mit seiner Frau hatte er neun Kinder, eine davon war Louise Johanne Helene, verheiratete Hell. Und sein Enkel war der königlich preußische Landschaftsmaler Professor Ascan Lutteroth. Um diese beiden geht es hier.

 

 

Ihre Grabsteine fand ich nahe beieinander auf dem alten Teil des Ohlsdorfer Friedhofs. Ziemlich schlicht war das Grab des Malers. Keine Daten, keine Ehepartner, nur der Name ‚Prof. Ascan Lutteroth‘ und das Familienwappen: Ein Pfeil und ein goldener Dreizack in den Farben Blau und Silber. Der ungewöhnliche Vorname ‚Ascan‘ half mir bei der Identifizierung erst einmal nicht weiter. Er wird in der Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Normalerweise an den erstgeborenen Sohn. Der älteste Lutteroth mit diesem Vornamen, den ich ausmachen konnte, war ‚Ascan (Asche) Lutterodt‘. Er wurde um 1522 in Wernigerode geboren.

 

 

Erstaunlich, dass dieser Ascan, der hier beerdigt wurde, weder Kaufmann noch Jurist wurde. Statt in die elterliche Bank einzutreten, durfte Ascan Kunst studieren. Er machte lange Studienreisen durch Italien und besuchte die Insel Capri. Zurück in Berlin, wurde er ‚Mal-Lehrer‘ der Kronprinzessin Victoria. Dafür wurde er ehrenhalber mit dem Titel ausgezeichnet. Später kehrte er nach Hamburg zurück und im Rathaus findet man einige große Wandgemälde von ihm.

Ein Stück weiter finde ich dann die Grabstelle von Helene Hell, geb. Lutteroth-Legat. Sie ist die Tante des Malers Ascan. Helenes Vater war der Bürgermeister Ascan Wilhelm Lutteroth. Sie war seine jüngste Tochter und kam im Mai 1829 zur Welt. Eine Nachzüglerin, denn die Mutter ist schon 42 Jahre alt, als sie noch einmal schwanger wird. Die älteren Brüder studieren da bereits in Göttingen oder Tübingen.

Das stattliche Grabmal wurde für Wilhelm Hell und Frau Helene, geb. Lutteroth errichtet. Zunächst aber heiratete Helene ihren Cousin Egbert von Legat. Sicherlich eine von den Eltern gewünschte Verbindung und ein üblicher Vorgang in damaliger Zeit. Die Ehe scheint nicht zu funktionieren und da passiert dann doch noch Ungewöhnliches. Helene reicht die Scheidung ein. War es ein Skandal? Immerhin ist in der Familienchronik vermerkt, dass sie die Erste war, die diesen Schritt gewagt hat. Aber man hat es wohl toleriert, denn sonst wäre sie gar nicht mehr erwähnt worden. Drei Jahre nach der Scheidung, 1861, im Alter von 32 Jahren heiratet sie den Hamburger Kaufmann und Fabrikbesitzer Wilhelm Hell. Die beiden leben in einem stattlichen Haus am Harvestehuder Weg. Als der Ehemann stirbt, erbt Helene eine große Summe Geld, damit sie ihren aufwendigen Lebensstil weiterführen kann. Der Gatte hat es ausdrücklich so verfügt; auch das war keineswegs selbstverständlich. Helene weiß ihre privilegierte Situation stets richtig einzuschätzen. Als sie zehn Jahre nach ihrem Mann, im Jahre 1904 stirbt, bedenkt sie alle fleißigen Helfer im Haus mit großzügigen Summen. Wie so viele große Hamburger Familien haben auch die Hells eine Stiftung ins Leben gerufen. Nutznießer waren verwaiste Kinder in Hamburg.