Der Ohlsdorfer Friedhof wurde 1877 eröffnet. Was passierte damals, im Jahr 1877, noch?

  • Blohm & Voss wurde gegründet
  • Kronprinz Friedrich Wilhelm besuchte Hamburg im April
  • Die Bauarbeiten für das Gefängnis ‚Santa-Fu‘ begannen
  • Das Museum für Kunst und Gewerbe wurde am Steintorplatz eröffnet

Die Frage, die ich als Titel wählte, kreist mir im Kopf. Ich bin auf dem Weg zum Ohlsdorfer Friedhof und habe erst einmal ein schlimmes Erlebnis. Ein Hund läuft quer über die gut befahrene Straße, direkt in den Wagen, der mir entgegenkommt. Ich kneife die Augen zu, das will ich nicht sehen. Zum Glück bremst der Fahrer sofort, dem Hund ist nichts passiert. Jetzt läuft er aufgeregt hin und her. Er verlässt immer wieder den Fußweg und läuft über die Fahrbahn. Ich fahre im Schrittempo weiter. Dann findet der Hund endlich sein Frauchen und ich denke, ich sehe nicht richtig. Die zeigt keine Reaktion, obwohl sie es mitbekommen haben muss. Hatte sie ein Smartphone in der Hand? Auch der Fahrer hinter mir schaut kopfschüttelnd und fassungslos auf die Frau. Das fängt ja gut an, denke ich mir.

Das Wetter lockt zu einem Spaziergang. Nicht, dass die Sonne scheinen würde, aber immerhin kein Regen. Wir Hamburger sind da ja nicht gerade verwöhnt. Gedanklich nehme ich den Faden wieder auf. Wie und wo hat man eigentlich früher die Toten beerdigt? Also vor 1877, bevor der Ohlsdorfer Friedhofs seine Pforten öffnete. Die Antwort ist einfach: Man bestattete die Menschen direkt in der Erde an den Hauptkirchen. Rundherum waren die Grabstellen angeordnet. Obendrauf wuchs Gras, das von den Ziegen gefressen wurde und für ein paar Kartoffeln fand sich auch noch eine freie Ecke. Das Ganze nannte man ‚Gottesacker‘. Aber irgendwann reichte es einfach nicht mehr aus. Die Gräber waren überbelegt und es kam zu massiven hygienischen Problemen. Die Technik der Einäscherung war noch nicht bekannt.

Und so wurde dann der Auftrag für den Ohlsdorfer Friedhof gegeben. Man war ganz froh, dass das Gelände etwas außerhalb lag und von hohen Hecken blickdicht umschlossen wurde. Wörtlich hieß es: „… so ist die Erinnerung an den Tod den Blicken entzogen.“ Wer die Toten in Ohlsdorf besuchen wollte, musste die Pferde anspannen oder einen Kutscher mieten.

Bevor man den Ohlsdorfer Friedhof eröffnete, gab es übrigens schon eine erste zentrale Beerdigungsfläche zwischen der heutigen Sternschanze und Planten + Blomen. Aber auch dieser Friedhof, am Dammtor, war schon bald hoffnungsvoll überfüllt und konnte baulich nicht erweitert werden. Also ging man vor die Tore Hamburgs, zum nahe gelegenen Dorf an der Alster, das wir als Ohlsdorf kennen.

 

DIE EINWEIHUNG DES OHLSDORFER FRIEDHOFS

Am 1. Juli 1877 war es dann so weit. Der Ohlsdorfer Friedhof wurde eröffnet. Eine Tafel erzählt noch heute davon. Sie ist etwas versteckt an einem Grabstein angebracht.

 

 

Hier lesen wir: ‚Im Jahre 1877 am 1. Juli ist dieser Friedhof unter Einsenkung der ersten drei Särge neben diesem Stein feierlich eröffnet.‘  Na so was, denke ich mir, dann stehe ich hier ja auf ganz historischen Boden. Wer hier „eingesenkt“ wurde, lässt sich nicht mehr herausfinden, aber immerhin habe ich den Anfang des roten Fadens gefunden.

Das Wetter hält nicht, was ich mir morgens davon versprochen hatte. Ich mache also kehrt und finde dann doch noch jemanden, der bereit ist sich fotografieren zu lassen. Ein hübscher kleiner Kerl, den ich als Singdrossel bezeichnen würde. Allerdings bin ich diesbezüglich nicht sattelfest und habe erst einmal, als ich wieder im Hause war, ein Naturführerbuch zurate gezogen. Ja, das mit der Drossel könnte stimmen. Sollte ich daneben liegen, teilen Sie es mir gerne mit. Immer wieder staune ich, wenn ich mir solche Fotos im Detail am PC ansehe. Die Natur ist schon einfallsreich oder wie der Engländer sagt: „All creatures great and small.“