Jeder Hamburger kennt den Namen, denn eine Straße in Winterhude wurde nach dieser Familie benannt. Dazu auch noch der U-Bahnhof, gleich neben der Alster, beim Fährhaus. Aber wer waren die Hudtwalckers und womit haben sie ihr Geld verdient? Sie waren natürlich Kaufleute, dann Senatoren, aber auch Kunstsammler und Mäzenen. Nicolaus Hudtwalcker (1794–1863) war Mitgründer des Kunstvereins in Hamburg. Sein Bruder Martin Hieronymus (1787–1865) war Hamburger Senator und Polizeiherr. Und ihr Onkel Johann Michael Hudtwalcker (1747–1818) war ein Hamburger Kaufmann, Ratsherr und Anhänger der Aufklärung. Ihr Stammvater, Jakob Hudtwalcker, war im Land Hadeln zur Welt gekommen, das liegt an der Unterelbe nahe Cuxhaven. Er hat sein Glück in der Ferne gesucht, hat die Elbe gequert, was damals ein Abenteuer war und ist schließlich in Marne, Dithmarschen beerdigt worden. Auch sein Sohn Johann wird in Dithmarschen geboren, geht dann aber nach Altona, wo er als Käsehändler sein Geld verdient. Und die nächste Generation ist dann schon als Großkaufmann in Hamburg tätig. Ich spreche von Johann Hudtwalcker (1710-1781), der bei Meinert von Winthem in der Deichstraße den Handel mit Tran- und Fischwaren von der Pike auf erlernt. Nach der Lehrzeit gründet er seine eigene Firma und ist schon bald täglich an der Hamburger Börse zu finden. Auf dem Weg dorthin lernte er seine künftige Frau kennen. Amors Pfeil traf ihn im Schopenstehl, wo er täglich morgens entlangging. Mit 35 Jahren kann er sich den Kauf eines stattlichen Hauses in der Katharinenstraße 83 leisten, Vorbesitzer war der Bürgermeister Anderson, und gut zehn Jahre später findet dann die Hochzeit statt. Die Braut Sara Ehlers ist deutlich jünger und wird noch zehn gesunde Kinder gebären. Alle machen ihre Karriere in Hamburg.

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof bin ich an einer großen Grabanlage, ganz in der Nähe des Waldweges, vorbeigekommen. Hier finden sich viele bekannte Namen und ich war neugierig, wer an dieser Stelle beerdigt wurde. Der Stein, ein natürlicher Fels, ist fast drei Meter hoch. Ein großes Steinkreuz auf der Spitze erhöht das Ganze noch einmal deutlich. Trotzdem konnte ich zunächst keinen Namen erkennen. Erst beim Näherkommen erkannte ich eine Inschrift, die über die vielen Jahre fast schon unlesbar geworden war. Dort stand nur der Name ohne irgendwelche Zusätze: Hudtwalcker.

 

 

Links und rechts sind Einzelgrabstellen und diese Steine sind jünger. Auf ihnen lassen sich die Namen der Verstorbenen gut erkennen. Einer von ihnen war Heinrich Hudtwalcker. Er wurde zusammen mit seiner Frau Anna Sophie Petit bestattet. Sie stammte aus Lübeck, wo ihr Vater ein erfolgreicher Kaufmann und Konsul war. Ich erinnerte mich an meine Vorfahren und bin tatsächlich mit Heinrich direkt verwandt. Er ist sozusagen ein Cousin, wenn auch über unzählige Generationen entfernt. Wir haben also gemeinsame Stammeltern. 

In den anderen Gräbern ruhen Kinder von Heinrich und Anna. Darunter Elisabeth Hudtwalcker und ihr Ehemann Friedrich Wilhelm Albrecht, ein königlich-preußischer Landrat. Daneben fand ich ihre Schwester Hedwig, die mit Edmund Klée Gobert verheiratet war. Er war Rechtsanwalt und eng verwandt mit dem Schauspieler Boy Gobert. 

Es ist lange her, dass ich mich mit meiner Familiengeschichte befasst habe. Ich war überrascht, wie viele noch heute bekannte Namen zu meinen Vorfahren zählten. Damals war es üblich, dass man Heiratspolitik betrieb. Sobald man also einen Hamburger Bürgermeister unter den Ur-Ur-Ur … Ahnen findet, wird man schon bald feststellen, dass man mit so ziemlich allen verwandt ist. Das wird in anderen Städten nicht anders gewesen sein. Ich hatte also schon bald eine stattliche Sammlung von klangvollen Familiennamen zusammen und habe sie dann irgendwann wieder der Vergangenheit und dem Vergessen anvertraut. Und doch profitiere ich von der damaligen Fleißarbeit, sobald ich den Ohlsdorfer Friedhof besuche. Dort treffe ich auf die längst Verstorbenen und freue mich jedes Mal darüber, eine klitzekleine persönliche Beziehung zu den Männern und Frauen zu haben. Schon ist mein Interesse geweckt und ich spüre nicht nur alte Grabstellen auf, sondern oft auch ein kleines Stück meiner eigenen Familiengeschichte.